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5Vision

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Freitag, 29. Juli 2005, 13:05

Alte und Neue Motoren und das liebe Öl - richtig erklärt

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Ich habe schon zicht Diskussionen über das Öl beobachtet und mich immer auf dem Kopf gepackt, wenn so manche Aussagen getroffen worden sind. Irgendwann hat man einfach keine Zeit den Leuten mal das richtige zu erklären und deshalb wollte ich euch mit diesem Artikel die Zeit nehmen und ein wenig das Licht ins Dunkle bringen.

:arrow: Wenn du über die Suche hierher gefunden hast, war das schon mal ein richtiger Schritt sich eher zu informieren bevor man eine Frage stellt.

Und nun viel Spass beim Lesen:

Erstens vorweg, aus der Praxis, bei mir fahren mehrere alte Motoren (Anfang 80er) mit Synthesöl ohne Probleme. Zu "dünn" kann ein Syntheseöl garnicht sein,das ist eine Quatschaussage. Die Viskosität steht ja auf der Dose drauf bei rund -20°C die Zahl vor dem W bei+100°C die Zahl nach dem W also 15W40 5W40... Schon daran sieht man ein Syntheseöl mit 40 ist genauso "flüssig" bei 100°C wie ein mineralisches mit W40 bei 100°C, alles andere ist Wunschdenken! Selbst ein 0-er Öl z.B. 0W40 vollsynth ist bei minus 20°C, da wo eben die 0 zum tragen kommt immernoch um Größenordnungen dickflüssiger als ein mineralisches Öl bei Betriebstemperatur. Von der Viskosität her macht es also nix aus auch Vollsynthese zu fahren.

Die "reinigende" Wirkung ist eigentlich nur bei wirklich alten Autos /Motoren ohne!! Ölfilter schädlich. Da sind aber auch moderne mineralische Mehrbereichsöle schädlich, schon die lösen den abgesetzten Schmutz im Motor und ergeben so Verschleiß. Motoren mit Ölfilter filtern den Dreck locker raus, eventuell mal einen vorzeitigen Filterwechsel machen und gut. Dichtungen gehen auch durch Synthese nicht hinüber, von gaaanz seltetnen Ausnahmen abgesehen. Meistens sabbern die Dichtungen schon vorher und dann wird das festgestellt und auf das neue Öl geschoben. Mehrverbrauch an Öl könnte bei häufigen Kaltstarts zwar vorkommen aber dafür startet der Motor auch leichter, schont Anlasser und Lager. Normalerweise braucht man sogar weniger Öl, da das Synt in der Hitze nicht so schnell verdampft wie ein mineralisches.

So das war die Kurzform. Langversion zum 3ten folgt unten:

Die Sache ist recht einfach: Auch ein sehr gutes vollsynthetisches Motoröl kostet in der Herstellung nicht viel mehr als 3.- pro Liter. Der Rest zum Verkaufspreis ist die Rendite aus Werbung und Nachfrage. Das siehst man z.B. daran, daß ein und dasselbe vollsynth Öl unter verschiedenen Namen (und in goldenen, silbernen... Behältern) zu unterschiedlichen Preisen verkauft wird (z.B. 5 W50 von Pentosin, Globus, früher auch Wertkauf...)

:arrow: Unterschied zwischen den Ölen:

Mineralöl ist ein Gemisch aus unterschiedlich langen Kohlenwasserstoffen. Die Kurzen machen das Öl flüssig wie Verdünnung im Lack, die Langen sorgen wie das Kunstharz im Lack für nicht zu flüssiges Öl bei hohen Temperaturen. Die Grundöle werden auf tiefe Temperaturen abgekühlt und die dann ausgefallenen (ausgefrorenen) ganz langen Kettenmoleküle abgefiltert. Bis zu dieser Temperatur bleibt dann das Restöl immer flüssig. Das ist wichtig für den Winterbetrieb. Dafür steht dann die erste Zahl der Ölbereichsangabe z.B. bei 20 W 50 die 20. Das ist die Viskosität bei ca. -18 °C. Die zweite Zahl steht für die Viskosität bei 98 °C (Kommt aus den USA die Einteilung deshalb die krummen Werte). Die Zahlen bezeichnen ein Mehrbereichsöl mit den Eigenschaften eines 20er Öls bei -18 und eines 50er Öls bei+98 °C. Dazwischen ist der Übergang fließend. Um nun ein solches Öl aus Mineralöl herstellen zu können, ist das Problem zu lösen daß ein Öl bei +98 zuviele lange Ketten braucht und deshalb bei -18 schon fest würde. Lösung : Man setzt Additive zu, die wie Wollknäul im kalten Öl aufgewickelt sind und sich im warmen Öl allmählich aufdrehen und zu "Wollfäden " werden. Damit gibt es dann im kalten Öl nur kleine flüssige Moleküle und im heißen Öl die langen Ketten die das Öl eindicken und überhaupt erst brauchbar machen. Früher gab es diese Additive nicht/ nicht so gute, deshalb wurde dann Einbereichsöl 40er 50er im Sommer verwendet (Käferzeit läßt grüßen).

Nachteil dieses Verfahrens, die Wollknäulmoleküle werden durch die Reibung im Motor zerschlissen und immer kleiner. Folge: die Viskosität bei +98 nimmt ab. Im Extremfall fällt auch der Öldruck dann in den Keller. Nachteil 2 das dünnflüssige Grundöl das für -18 zuständig ist, ist naturgemäß auch besser flüchtig, d.h. es verdampfen bei höherer Öltemperatur die kürzesten Moleküle und das Restöl wird für -18 dicker. Übertrieben gesagt wird aus einem 15 W 50 dann ein 20 W 40 Öl. Der Ölverbrauch steigt durch die verdampfenden Mengen natürlich auch (geht über die Kurbelgehäuseentlüftung wieder in den Ansaugtrakt und lagert sich auch an den Einlassventilen als Ölteer ab).

Das alles geschieht aber nur bei extremen Belastungen, im Normalbetrieb ist auch ein mineralisches Öl heutzutage Spitze und noch dazu preiswert.
Besser für Rennzwecke oder extremen Einsatz (dauernde kurze Kaltstarts im Lieferverkehr oder Anhängerbetrieb in den Alpen bei 30 °C) ist ein vollsynthetisches Öl.

Hier werden die obigen Nachteile umgangen indem man nicht ein "wildes Gemisch von Molekülen als Öl einsetzt, sondern einzelnen Ölfraktionen mit definierter Kettenlänge mischt. Die Moleküle werden synthetisch hergestellt, sagt ja schon der Name, und je nach Einsatzbereich gemischt. Bei einem 5 W 50 Öl habe ich beispielsweise zwei unterschiedliche "Grundöle" im Gaschromatographen gefunden. Das gleiche Öl nach 15000 km wies dieselben Kurven auf wie das Frischöl. Daraus kann man sehen, das synt. Ökl wird nicht zerrieben oder verdampft, es behält seine Struktur bei. Viskositätsverbesserer wie oben sind deshalb nicht oder kaum noch erforderlich. Derselbe Test mit Mineralöl zeigte deutlich eine Verschiebung. Die kurzen Ketten waren nach 10000 km teilweise verdampft, die Langen kürzer gerieben. Bei beiden Ölen konnte man auch noch Schlonz sehen. Einmal ganz kurze Ketten = Benzin vom Kaltstart und gaaanz lange Ketten = beginnende Teerbildung (das gibt dann den schönen Teerschlamm oder auch Öllack im Motor wenn man nicht rechtzeitig das Öl wechselt bevor die "Spüliadditive" aufgebraucht sind.

Fazit: für Ottonormalautofahrer mit Hinz und Kunz Automotor tut es auch ein billiges Mineralöl, wenn man die Wechselintervalle einhält und nicht häufig mit kaltem oder extrem heißem Motor unterwegs ist. Autos die eh viel Öl "verbrauchen" können ebenfalls mit Billigöl versorgt werden, da ja immer Frischöl nachgefüllt wird und so die Füllung insgesamt recht neuwertig bleibt.

Für die sogenannten sportlichen Fahrer oder den Einsatz in Kurzstrecke, viel Vollastzeiten und extrem lange Ölwechselintervalle (Achtung beim Diesel, hier kann das Öl durch den Ruß zusätzlich eingedickt werden) ist vollsynt. Öl die bessere Wahl.

Mit einem Ölfeinstfilter (z.B. von Trabold) kann man auch mit Mineralöl fahren. Der Ölwechsel entfällt dann ganz, es wird nur noch verbrauchtes Öl nachgefüllt und alle paar zigtausend km der Filtereinsatz gewechselt. Das nutzen viele LKW und Taxiunternehmen, denn Ölwechselzeit ist tote Zeit in der kein Geld verdient wird.

Das Ganze kann man auch noch wissenschaftlicher ausdrücken, aber ich glaube so ist die Ölmaterie auch für Nichtchemiker einigermaßen verständlich gebleiben.

:arrow: Zum Preis:

Es ist da etwa so wie beim Benzin. Nicht jeder Hersteller kocht sein eigenes Süppchen. Das wäre zu teuer. Die Grundöle sind wohl gleich, nur das Additivpaket ist unterschiedlich. Größere Unterschiede bei gleiche Spezifikation API S / C Klasse gibt es dann nicht. Übrigens steht das S für Benzinmotoren und der Buchstabe danach gibt die Güte an, je höher desto besser. also SF besser als SE aber schlechter SG oder gar SJ. Für Dieselmotoren steht vorne statt S ein C, für den zweiten Buchstaben sinngemäß wie oben.

Ein 0 W 40 oder 5 W50 ist bei Kälte natürlich dünnflüssiger als ein 15W Öl. Nur ist auch ein 0W Öl immernoch um einiges dickflüssiger als ein 40er oder 50er Öl bei Betriebstemperatur des Motoröls von 80 bis 100 °C. So gesehen machen 0 oder 5W einem älteren Motormodell nix aus, das Öl ist immernoch dick genug, kommt nur schneller an alle Schmierstellen ran. Ein etwas höherer Verbrauch an Öl beim Kaltstart aufgrund der größeren Kolbenspiele bei älteren Motoren kann auftreten, ist aber normal und nicht schädlich. Auch die Nockenwellen sind nicht gefährdet, da ja das 0er Öl beim Start immernoch dicker als ein betriebswarmes 40er ist. Außerdem bildet sich im Betrieb ein Schmierkeil unter dem durchdrehenden Nocken wie in einem Gleitlager, das passiert mit "dünnem" 0er sogar schneller als mit dickerem Öl. Nur wenn dieser Schmierkeil gestört ist gibts Fresser und Ausbrüche an den Nocken.
Da das 0W40 bei zunehmender Temperatur immernoch einem 40er Öl entspricht, macht dieses Kaltstartöl auch bei höheren Motortemperaturen dem Motor nix aus, die Viskosität entspricht dann ja einem 15 W 40. So gesehen startet man einfacher, mit weniger Belastung für Batterie und Starter, bei entschieden geringerem Motorverschleiß aufgrund besserer und schnellerer Schmierung.

Auch heute noch darf man bis zu1 l auf 1000km Ölverbrauch haben, bis dahin ist es auch kein!! Reklamationsgrund. Manche Automodelle gehen neu hier schonhart an die Grenze.

P.S. Für Arktikeinsätze reicht ein Synt. Öl auch nicht aus. Das Wasser aus den Blow By Gasen = das Verbrennungsgas das am Kolben vorbei ins Kurbelgehäuse strömt gefriert dann darin. Da sich Wasser respektive Eis nicht in Öl löst verstopft der "Schnee" dann das Ansaugsieb und der Motor ist hin. Hier werden Esteröle oder Polyethylenglycole eingesetzt, die Wasser aufnehmen können. Ähnlich dem Glysantin oder Scheibenwaschwasserzusatz kann dann kein Wasser mehr gefrieren und der Motor läuft und läuft und ... :wink:

:arrow: Dieser Artikel wurde nach Möglichkeit verständlich verfasst bzw. aus dem fachlichen "übersetzt" und soll über die Verwendung der Mehrbereichsöle in heutigen und auch älteren Motoren informieren.
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PeterLepold (23.02.2015), Fujicolor (29.08.2019)

fk2000

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Freitag, 29. Juli 2005, 14:35

Sehr interessant des ganze....!

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Stilo2003

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Sonntag, 20. September 2020, 13:01

Hi !

Extra - Dank an 5Vision :

Sein Beitrag "Alte und Neue Motoren und das liebe Öl - richtig erklärt" ist -- unter Berücksichtigung des knappen Umfangs -- die präziseste Information,

die ich über die Verträglichkeit von (Synthese-)Öl mit niedriger Viskosität in Verbindung mit alter und moderner Motoren-Technologie gelesen habe.


Gut für alle, die sich immer mal wieder über das "richtige" Öl für ihren Motor Geanken machen...

Mein Stilo: ABARTH 5-türig, BJ 2003


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